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Verfasst von Dietrich Köster
Portugiesischer Indienstaat – Goa, Damão und Diu
Während bis zur Invasion von Nehrus Truppen im Dezember 1961 Portugiesisch Amtssprache war, sollte diese nach der Annexion Englisch werden. Die einheimischen Sprachen Konkani in Goa und Gudscherati in Damão und Diu spielen im öffentlichen Leben eine untergeordnete Rolle. Schon in portugiesischer Zeit gab es in Goa mehr höhere Schulen mit englischer Unterrichtssprache als mit portugiesischer. Seit der Annexion wird Portugiesisch nur noch in wenigen Schulen als Unterrichtsfach in Gestalt einer Zweit- oder Drittsprache angeboten.
Die letzte portugiesischsprachige Zeitung stellte mit Jahresbeginn 1984 ganz auf Englisch um. So wurde aus “O Heraldo” “Herald”. Die Zeitung “A Vida” hat ihr Erscheinen ganz eingestellt. So gibt es heute nur noch Zeitungen in Englisch und indischen Sprachen. Die einzige Portugiesisch-Lektüre, die ich im Buchhandel erwerben konnte, war die fünfbändige Schulbuch-Serie “UM PASSO NOVO” zum Erlernen der portugiesischen Sprache. Daneben gibt es die Möglichkeit, Portugiesisch auf der Universität von Goa zu studieren. Der vom Instituto Camões entsandte Lektor Dr. Lume sprach von über 60 Portugiesisch-Studierenden, die er zu betreuen habe.
Die offizielle portugiesische Präsenz in Goa beschränkt sich heute auf ein Generalkonsulat und eine jüngst eröffnete Zweigstelle der portugiesischen Kulturstiftung Fundação do Oriente. Die Verbreitung der portugiesischen Sprache beschränkt sich heute im wesentlichen auf den christlichen Teil der einheimischen älteren Generation.
Macau
Mit 97% der Einwohner stellen die Chinesen die überwältigende Mehrheit, gefolgt von 2% Portugiesen. Letztgenannte sind häufig aus Portugal auf Zeit entsandt, um in der öffentlichen Verwaltung und im Schulwesen tätig zu sein. Bis 1991 war Portugiesisch die einzige Amtssprache. Seit diesem Jahr besitzt Chinesisch den gleichen Status. Während in der Praxis eine Verständigung auf Chinesisch überall möglich ist, besteht diese Möglichkeit auf Portugiesisch nur in eingeschränktem Maße, da Englisch als Geschäftssprache der Amtssprache europäischen Ursprungs allein schon aufgrund der Nähe zu Hongkong Konkurrenz macht. Hier hat die portugiesische Verwaltung von Macau in der Vergangenheit viel versäumt. Nur in den wenigen portugiesischen und luso-chinesischen Schulen ist Portugiesisch Unterrichtssprache bzw. Pflichtfach. In den zahlreichen chinesischen Schulen wird Portugiesisch nur als Wahlfach angeboten. Trotzdem sind alle öffentlichen Bekanntmachungen und Beschilderungen – auch der Geschäfte – stets in beiden Amtssprachen gehalten. Dem inzwischen erkannten Mißstand versucht die Verwaltung in den letzten Jahren durch verstärkte Ausbildung von Portugiesischlehrern gegenzusteuern. In der Erwachsenenbildung versuchen das Centro de Difusão de Línguas und das Instituto Português do Oriente (IPOR) den mangelnden Portugiesischkenntnissen der Bevölkerung abzuhelfen.
Portugiesisch-Timor – Osttimor
Selbst die junge Generation, die die indonesische Invasion 1975 nicht miterlebt hat, setzt sich für die Selbstbestimmung und Unabhängigkeit Osttimors ein, auch wenn die meisten jungen Leute nur geringe oder gar keine Portugiesischkenntnisse besitzen. Das neue Schulsystem sieht keine Erteilung von Unterricht in dieser Sprache vor. Vielmehr haben alle Schüler die auf dem Malaiischen fußende Kunstsprache Bahasa Indonesia zu erlernen. Der einzige Personenkreis, der die Integration in den indonesischen Staat geschlossen begrüßt, sind die Zuwanderer, die von der Jakarta-Regierung im Rahmen des Umsiedlungsprogramms “Transmigrasi” nach Osttimor gekommen sind. Dieser Personenkreis spricht im Gegensatz zu den Timorern der mittleren und älteren Generation kein Wort Portugiesisch, so daß sie leicht als landfremde Zuwanderer auszumachen sind. Diese haben zu einem beträchtlichen Teil die 1975 nach Australien geflohenen chinesischen Geschäftsleute ersetzt.
Die gesamte Beschriftung in der Öffentlichkeit und das Verlagswesen sind in Bahasa Indonesia gehalten. Es gibt keine allgemein zugänglichen Veröffentlichungen mehr in portugiesischer Sprache. Lediglich die Straßennamen wurden aus der portugiesischen Zeit übernommen, indem statt rua oder avenida das indonesische Wort jalan der Straßenbezeichnung vorangestellt wurde.
Als einzige weitere Erinnerung gibt es in Dili mehrere Denkmäler mit portugiesischer Inschrift. Eines davon erinnert an die 500-Jahrfeier des Todes von Heinrich dem Seefahrer im Jahre 1960.
Als herausragende Persönlichkeit habe ich Pater Eduardo Brito von der katholischen Balide-Kirchengemeinde in Díli kennengelernt. Er stammt aus Margão/Goa und kam 1947 in einer Gruppe von 40 Priestern nach Osttimor. Nur drei Geistliche leben noch und wirken weiterhin in ihrer Wahlheimat. Für seine langjährigen Verdienste wurde Pater Brito 1995 von Gouverneur Abílio José Osório Soares geehrt und ihm bereits zu seinen Lebzeiten ein Denkmal mit seiner Büste gesetzt. Seine letzte Ruhe soll der Pater in einer Gruft vor diesem Denkmal finden.
Stand: Mitte 1997