von Dietrich Köster
Seit der Unabhängigkeit der Kronkolonie Aden und ihres Hinterlandes, des Protektorates der Südarabischen Föderation, von Großbritannien im Jahre 1967 spielten zwei Politiker in der neugegründeten Demokratischen Volksrepublik Jemen immer wieder eine Rolle: Ali Nasser Mohammed und Abdel Fatah Ismail
Während diese Politiker bis 1978 erst gemeinsam gegen die britische Kolonialmacht kämpften, zielten ihre Aktivitäten nach der Unabhängigkeit darauf ab, ab 1969 und 1978 den Staatspräsidenten zu entmachten bzw. umbringen zu lassen.
Während Mohammed eher als der politische Pragmatiker angesehen werden kann, ist Ismail seit seiner politischen Frühzeit der doktrinäre Ideologe des Marxismus-Leninismus. 1978 übernahm Ismail für knapp zwei Jahre das Amt des Staatspräsidenten, während Mohammed sein Premierminister wurde.
Da der Staatspräsident sich mehr um die Arbeit für die einzige zugelassene politische Kraft – die Jemenitische Sozialistische Partei – kümmerte und die Staatsangelegenheiten vernachlässigte, setzte Mohammed es 1980 durch, daß Ismail seiner einflußreichen Staats- und Parteiämter enthoben wurde. Dieser ging daraufhin für fünf Jahre nach Bulgarien und in die Sowjetunion ins Exil. So konnte sich Mohammed zum Staatspräsidenten aufschwingen. Während dieser Zeit verfolgte er einen Kurs der Öffnung gegenüber den arabischen Nachbarländern und den westeuropäischen Ländern. Außerdem wurde die bisherige Unterstützung der kommunistischen Guerillabewegungen im Nordjemen und im Oman aufgegeben. Der exilierte Ismail dagegen sann während der ersten Hälfte der 1980er Jahre auf Änderung der Verhältnisse im Südjemen.
Anfang 1985 kehrte er nach Aden zurück. Es gelang ihm bei der nächsten Sitzung des Politbüros der Staatspartei, einen Posten in diesem Gremium zu erlangen, indem die Zahl der Mitglieder erhöht wurde. Aus dieser Position wollte Ismail versuchen, seine Vorstellungen des doktrinären Kommunismus wieder in die Politik einzuführen. Hierzu wählte er den Weg der Gewalt.
Am 11. Januar 1986 war es über den geplanten Auslandsbesuch des Premierministers Bakr al Attas zu einem offenen Streit im Politbüro der Staatspartei gekommen. Die Doktrinäre um Ismail standen den gemäßigteren Kräften um Mohammed unversöhnlich gegenüber. Ein Anhänger Ismails, der Vizepräsident Ali Atar, soll Präsident Mohammed mit der Waffe bedroht haben.
Bei der Verabschiedung des Regierungschefs, der sich am 13. Januar 1986 auf die erwähnte Auslandsreise begab, kam es auf dem Flughafen von Aden zu einer Schießerei zwischen der Leibwache des Präsidenten und den Anhängern Ismails. Am Ende des Schußwechsels waren vier Personen getötet:
Ismail als Anführer der Rebellion, Vizepräsident Atar und zwei weitere Mitglieder der kommunistischen Führung, die heute überall plakativ als politische Märtyrer verehrt werden.
Die Schießerei auf dem Flughafen weitete sich zu militärischen Kämpfen in Aden und Umgebung aus. Beide Bürgerkriegsparteien konnten sich auf einen Teil der Armee und der Luftwaffe stützen. Die Marine stand zu diesem Zeitpunkt loyal zum Staatspräsidenten Mohammed. Dieses annähernde Gleichgewicht der Kräfte führte zu erbitterten Kämpfen, die nach Schätzungen neutraler Beobachter zwischen 10.000 und über 30.000 Todesopfer gefordert haben.
Nach acht Tagen ging der blutige Bürgerkrieg zu Ende. Nachdem die Sowjetische Garnison die letzten beiden Tage die Anhänger Ismails vom Luftwaffenstütrzpunkt Khormakschar unterstützt hatte, kam es am 20. Januar 1986 durch Vermittlung der Sowjetischen Botschaft in Aden zu einem Waffenstillstand.
Als Ergebnis der Beendigung der Kämpfe bleibt festzuhalten:
1. Der radikale Flügel der Staatspartei – die Rebellen – setzt sich durch. Der bisherige Premierminister Bakr al Attas wird provisorisches
Staatsoberhaupt.
2. Der bisherige Staatspräsident Mohammed flieht mit seinen Anhängern – darunter viele Militärs – in den
Nordjemen, um von dort eine Widerstandsbewegung gegen das neue Regime im Südjemen aufzubauen.