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von Dietrich Köster, Bonn
Dili/Osttimor, 20. Mai 2002
Heute um 00.05 Uhr wurde in Dili/Osttimor die Flagge der Vereinten Nationen eingeholt und die der Demokratischen Republik Timor Lorosae um 00.25 Uhr in Gegenwart des VN-Generalsekretärs, des portugiesischen Staatspräsidenten, der portugiesischen und australischen Premierminister und vieler weiterer Regierungsmitglieder aus aller Welt erstmalig gehißt. Damit enden über 450 Jahre portugiesischer Kolonialherrschaft, 24 Jahre grausamer indonesischer Besatzung und zweieinhalb Jahre Verwaltung durch die Vereinten Nationen. Diese hatten die undankbare Aufgabe, die gröbsten Schäden der indonesischen Kampagne der verbrannten Erde nach der Volksbefragung am 30. August 1999, bei der sich fast 80% der osttimorischen Bevölkerung für eine staatliche Eigenständigkeit außerhalb des indonesischen Staatsverbandes ausgesprochen hatten, zu beheben.
Die indonesische Staatspräsidentin Megawati Sukarnoputri – eine Tochter des Gründungspräsidenten Indonesiens – hielt sich nur vier Stunden in Osttimor auf und wohnte der Unabhängigkeitsfeier nur zwei Stunden bei.
Dafür entpuppte sich ihr Sicherheitsaufgebot von sechs Kriegsschiffen, zwei Düsenjägern als Flugeskorte und 2.000 Soldaten der drei Teilstreitkräfte als Personenschutz als letzte Maßnahme der Einschüchterung und Machtdemonstration gegenüber dem osttimorischen Volk.
Mit dem Abzug der meisten zivilen Fachkräfte und der Umwandlung der VN-Übergangsverwaltung (UNTAET) in eine VN-Unterstützungsmission (UNMISET) drohen den einheimischen Verantwortlichen in Politik und Verwaltung schwere Zeiten, da Erfahrungen in der Handhabung des Regierungsapparates fehlen. Erschwert wird die Durchführung der Regierungsmaßnahmen durch die Tatsache, daß es nicht nur um die Entwicklung der östlichen Inselhälfte von Timor geht, sondern es sich vorrangig noch um den weiteren Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur nach dem Abzug der indonesischen Truppen und der von diesen gebildeten Milizen handelt.
Als vom Volk gewählter Staatspräsident waltet jetzt der langjährige Widerstandskämpfer José Alexandre Xanana Gusmão – hier auch als Mandela Osttimors bezeichnet. Als Regierungschef amtiert Mari Alkatiri, der über 20 Jahre im Exil in Mosambik gelebt hat und die Mehrheitspartei FRETILIN anführt. Als Nationales Parlament fungiert die am 30. August vergangenen Jahres aus Wahlen hervorgegangene Verfassunggebende Versammlung.
Finanziell wird Osttimor die nächsten Jahre noch weitgehend auf die Beiträge der internationalen Gebergemeinschaft angewiesen sein. Danach hofft das Land aus den Einnahmen der Förderung von Erdöl und Erdgas in der Timorsee gemeinsam mit Australien großen Gewinn ziehen zu können.
Erschienen in der “Allgemeinen Zeitung” (Windhoek) am 21. Mai 2002
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