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Seychellen – Die soziale und politische Rolle des Seychellen-Kreols

von Dietrich Köster

Offizielle Bezeichnung: Republic of Seychelles/République des Seychelles/Repiblik Sesel
Hauptstadt: Victoria/Mahé
Amtssprachen: Englisch, Französisch, Seychellen-Kreol
Zahl der Einwohner: 87.500 (2009)
Fläche: 455 km²
Währungseinheit: Seychellen-Rupie (SCR)
Unabhängigkeitstag: 29. Juni 1976

Beim Seychellen-Kreol handelt es sich um eine französisch-basierte Kreolsprache, die in der Zeit der zögerlichen französischen Kolonisierung der inneren und äußeren Inseln der Seychellen zwischen 1742 und 1814 entstanden ist und sich in der nachfolgenden britischen Kolonialherrschaft stabilisierend weiterentwickelt hat. Dabei sollte es trotz des Englischen als neuer kolonialer Amtssprache nicht zur Herausbildung einer englisch-basierten Kreolsprache kommen.

1981 – 5 Jahre nach der Unabhängigkeit – erhielten neben Englisch auch Französisch und das Seychellen-Kreol – Seselwa genannt – durch eine Verfassungsänderung den Status einer Amtssprache. Es war der durch Staatsstreich 1977 als Präsident an die Macht gekommene France-Albert René, der die Förderung des Seychellen-Kreols Seselwa vorantrieb.
95% der Bevölkerung sprechen dieses Kreol als Erstsprache vor dem Englischen und Französischen.
Seselwa dient in der Grundschule als Unterrichtssprache. Auf diese Weise erfolgt die Alphabetisierung im Seychellen-Kreol.
In der Schule wird Seselwa als Fach seit 1982 gemäß folgendem Zeitplan unterrichtet:

Im ersten Trimester der 1. Klasse: 6 Stunden und 40 Minuten
Im 2. und 3. Trimester der 1. Klasse: 6 Stunden
In der 2. Klasse: 5 Stunden und 20 Minuten
In der 3. Klasse: 5 Stunden und 20 Minuten
In der 4. Klasse: 2 Stunden und 20 Minuten
In der 5. Klasse. 2 Stunden
In der 6. Klasse: 2 Stunden
In der 7. Klasse: 1 Stunde und 20 Minuten

Mit fortschreitendem Schulbesuch kommen als Lehrgegenstand und danach auch als Unterrichtssprache erst Französisch und später Englisch hinzu, wobei in den obersten Klassenstufen das Englische dem früher erlernten Französisch den Rang abläuft, so daß die Sekundarabschlußprüfungen auf Englisch abgelegt werden.

In den ersten vier Schuljahren werden alle Fächer auf Seselwa unterrichtet. Ab der 5. Klasse beschränkt sich der Unterricht in Seselwa auf die Fächer Kunsterziehung, Familienleben und Staatsbürgerkunde und auf Aktivitäten außerhalb des Klassenraums.

Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß der Anteil der Wörter nicht-französischen Ursprungs mit zunehmender Vollständigkeit des Wortschatzes wächst.

Es wird beim Seselwa zwischen 5 Varianten unterschieden:
1. Le créole fin – stark französisiert, in bürgerlichen Kreisen gesprochen
2. Le gros créole – von der einfachen Bevölkerung gesprochen
3. Le créole grand bois – auf dem Lande gesprochen
4. Le gros créole mozambique – die Sprache der Bauern afrikanischen Ursprungs
5. Le créole des bulletins d’information – die Sprache der Politiker und der Massenmedien, etwas künstlich und mit Anleihen aus dem Englischen durchsetzt

In den elektronischen Massenmedien werden 20% auf Seselwa ausgestrahlt. Die übrige Sendezeit ist Programmen in englischer und französischer Sprache gewidmet.
Während private Zeitungen ausschließlich auf Seselwa erscheinen, publiziert die Tageszeitung “The Seychelles Nation” auf Englisch, Französisch und Seselwa.

Trotz dreier anerkannter Amtssprachen spielt Englisch im Behördenverkehr eine führende Rolle, gefolgt von Französisch und weit abgeschlagen von Seselwa.
Die Beschilderung der Ministerien und sonstigen Dienstsatellen sind stets dreisprachig in der Reihenfolge Englisch, Französisch, Seselwa.

Da die Seychellen in der französischen Kolonialzeit und danach während der britischen Kolonisierung bis 1901 von Mauritius aus verwaltet wurden, ähnelt die Grammatik des Seselwa weitgehend der des Kreols von Mauritius, dort als Morisyen bezeichnet.

Die Förderung und Weiterentwicklung des Seselwa obliegt dem in der Hauptstadt Victoria auf der größten Insel Mahé angesiedelten Linstiti Kreol, das auch die Lehre des Seselwa in den Schulen begleitet.

Hinzugezogene Literatur:

Leclerc, Jacques, “Les Seychelles”, in: L’aménagement linguistique dans le monde, Québec, Université Laval, [https://www.axl.cefan.ulaval.ca/afrique/seychel.htm], aufgerufen am 19. Dezember 2010

Bollée, Annegret, Romanische Kreolsprachen, V. Französische Kreolsprachen/Les créoles romans, V. Les créoles français, in: LRL VII, 1998, S. 662-679

Kapitel “Seychelles” in <http://fr.wikipedia.org/wiki/Seychelles>, aufgerufen am 19. Dezember 2010

Livi, Giovanni, in: The Courier, Africa-Caribbean-Pacific – European Community, number 119, January-February 1990, p. 60-62, Dossier: National languages, SEYCHELLES, Using Creole (Seselwa) in schools: a cultural challenge